Als ich mir für letztes Jahr die Schirme
zum Probefliegen vormerkte, waren zum ersten Mal auch 2-3’er dabei. Nach
einiger Überlegung ließ ich die 2-3´er jedoch wieder wegfallen. Immerhin
reden wir hier von 2-3’er, jenen Teilen, über die man nur redet, doch niemals
selbst fliegt, zu schlechtes Startverhalten, zu dynamisch, zu anspruchsvoll, zu
gefährlich und zu teuer.
Anlässlich eines Streckenflugseminars in
Greifenburg konnte ich den „Cayenne M“ von Skywalk probefliegen. Meinem
Eindruck nach sehr sicher, gute Leistung aber er entspricht nicht meinem Flugstil
und meinem Gewichtsbereich.
Mein ehem. Fluglehrer
empfahl mir anschließend einen Flug mit dem Cirrus 3.24. Kurze Zeit später
stand ich dann mit dem Cirrus am Startplatz. Die Streckenflugbedingungen waren
top (25.4.03
Emberger Alm), aber anspruchsvoll. „Henne“, der das Streckenfluglager
leitete, hatte die Flugaufgabe „Radelbergeralm“, Kirche Drautal, Gipfel Südostseite
Weissensee (Name hab ich vergessen) gestellt und ich hatte ganz schön die Hosen
voll.
Mein Rückwärtsstart
war perfekt. Das Profil füllte sich gut, kam ohne nervöse Richtungsänderungen
über mich. Die Steuerkorrekturen setzte der Schirm verzögerungsfrei um. Sein
hohes Gewicht (75 Zellen, Herstellerangabe 7,8 Kg trotz Silikontuch) war bei dem
stärkeren Wind nicht relevant. Er besaß keine Tendenz zum Hängen bleiben. Allerdings sollte er am
Scheitelpunkt angebremst werden (von selbst bleibt er nicht über dem Piloten stehen).
Ich drehte mich aus, blieb noch einen Moment stehen, öffnete die Bremsen,
beschleunigte und war weg.
Sofort fiel mir das feinfühlige, präzises
Handling auf. Der Cirrus drehte ohne Gewichtsverlagerung bei geringem
Steuerausschlag sehr flach, bei stärkerem Ausschlag und Gewichtsverlagerung
sehr eng, genau so wie ich es mag. Er neigte in keinster Weise zum Graben (was
vielleicht an der recht runden Profilform liegen könnte). Das seitliche Hebeln
fiel dezent aus, trotzdem zeigte er jeden kleineren Aufwind an. Die Steuerdrücke
waren anfangs mittelmäßig und wurden bis zum Strömungsabriss sehr hart. Ich
bin oft im mittleren und harten Bereich geflogen, hatte jedoch nie das Gefühl,
dass ich ihn kurz vorm Strömungsabriss hatte. In diesem Bereich machte er am
meisten Spaß. Außerdem gab der harte Bereich noch mal eine Sicherheitsreserve
vor dem Strömungsabriss.
Auf dem Rückflug von der Radelberger Alm
hatte ich am Stagor meinen einzigen seitl. Klapper. Zwar konnte ich den Schirm
sehr gut stabilisieren, merkte jedoch, dass er
kontinuierlich wegdrehen wollte, was auf einen kleinen Verhänger der äußeren
A-Leine zurückzuführen war. Nach mehrmaligem Pumpen öffnete der Flügel
wieder. Später erklärte Henne, dass sich solche Verhänger sehr gut über die
Stabiloleine lösen lassen. Ich kann mir vorstellen, dass, bedingt durch die
Bauform des Cirrus, solche kleineren Verhänger öfters vorkommen können.
Wegen zu geringer Abflughöhe zum
Weissensee musste ich dann am Stagor wieder aufsoaren, was mit dem Cirrus einen
mords Spaß machte.
In Annecy hatte ich dann im Rahmen eines
Sicherheitstrainings, in welches ich mich für einen Flug eingeklinkt hatte, die
Möglichkeit, den Cirrus über Wasser zu fliegen. Beim Fullstall nehmen die
Steuerdrücke sehr stark zu, bis sie kurz vor dem Strömungsabriss noch mal
markant ansteigen. Im Stall war er für mich nicht leicht zu halten. Die
Ausleitung verlief ohne Probleme. Selbst die Stabilos zeigten keine Tendenz zum
Verhängen, insgesamt ein problemloser Fullstall.
Der Cirrus lässt
sich bei seitl. Klappern sehr gut mit geringen Steuerdrücken stützen, selbst
Vollkreise zur offenen Seite sind möglich (bei meinen Tests über Wasser mit ~
50 % Einklapptiefe). Allerdings bleibt der Schirm, wie beim Ohrenanlegen auch,
eingeklappt (bzw. er öffnet sehr langsam, Zelle für Zelle), soll heißen, das
die eingeklappte Seite aktiv vom Piloten geöffnet werden muss. In Hangnähe könnte
ein Klapper schon mal ein Problem werden; nicht wegen des Wegdrehens, sondern
wegen des Höhenverlustes und der
Zeit, die es braucht, um den Flügel wieder zu öffnen.
Beim Freifliegen
in Annecy hatte ich dann meinen zweiten ordentlichen seitl. Klapper. Der Schirm
drehte kaum 45° weg (wobei ich schon bei Beginn des Wegdrehens selbigem
durch dosiertes Gegenbremsen entgegenwirkte) und öffnete auch sofort
wieder, musste also nicht aktiv geöffnet werden. Im mittlern Bereich (~ ¼ des
Schirms) war jedoch die Eintrittskante nach unten eingedellt (was wohl auf das
laut DHV–Testprotokoll „nicht selbstständige Öffnen“ nach einem
Frontklapper zurückzuführen ist). Durch kurzes, impulsives beidseitiges
Anbremsen öffnete die Eintrittskante dann aber sofort.
Die Leistung des Cirrus finde ich grandios.
Der Trimmspeed lag bei bis zu 40 Km/h laut GPS (verschiedene Richtungen); auch
mein Gefühl sagte mir, dass ich schnell unterwegs war. Das Gleiten ist
ebenfalls erste Sahne. Der Schirm ist insgesamt leistungstechnisch recht weit
oben angesiedelt. Trotz seines „nicht selbstständigen Öffnungsverhaltens“
beim Frontklapper (normal und beschleunigt) ist er meiner Meinung nach sehr
sicher.
Übrigens sollte man bei Testflügen von
2er und 2-3er-Schirmen erhöhte Konzentration beim Landen aufbringen. Aufgrund
des super Gleitens gleiten diese Teil schnell und weit !
Nach ~ 4 Stunden
Bodenhandling kann ich dem recht schweren Schirm ein gutes bzw. sehr gutes Rückwärtsstarthandling
bescheinigen. Selbst bei Bodenkontakt der Hinterkante lässt sich der Schirm
problemlos hochführen. Es ist aber auch entsprechende Kraft notwendig. Bei
meinen Starts (11 Stück, alle rückwärts) ist mir nichts Negatives
aufgefallen.
Beim Vorwärtsstart (Nullwind) riss ich mir beinahe die Arme aus. Die Kappe sollte mit Impuls und Kraft über die ersten 45° hochgeführt werden; eben ein typischer Swing Schirm. Auch Vorwärtsstarts sollte man üben. Wie oft ist der Startplatz total überfüllt, weil jeder, trotz guten Vorwärtsstartbedingungen, auf den ultimativen Rückwärtsstartwind hofft.
Der Cirrus ist ein eingestufter DHV 2-3. Trotz meines subjektiven guten Gefühls soll nichts darüber hinwegtäuschen, dass dieser Schirm AKTIV zu fliegen ist und in Extremsituationen einen Piloten braucht, der mit dem Schirm umzugehen weiss. Wenn diese Voraussetzungen vorhanden sind sollte man ihn unbedingt probefliegen.
Fazit:
Vorteil: -
super Rückwärtsstarthandling
- gut Wendigkeit beim flachen und steilen Drehen
- super Leistung
-
gute Sicherheitsreserven. Während 14 Stunden bei teilweise recht an-
spruchsvollen Bedingen, hatte ich zwei seitl. Klapper
Nachteile:
- Klapper können durch das verzögerte Öffnungsverhalten zu zusätzlichen
Problemen führen
- Vorwärtsstarts üben (da meiner Meinung nicht so einfach),
-
könnte zu Verhängern neigen (wird meine Praxis klären),
-
recht hohe Steuerdrücke im sehr wendigen Bereich (Muskelkater
vorprogrammiert),
-
recht schweres Tuch (laut meiner digitalen Waage mit Innenpacksack
8KG!!!!) und
- mit ~3500€ nicht billig.